It is my great pleasure to welcome you to “Repositories in Cooperation”. Our panel for “Varieties of Cooperation” developed out of preparatory work for the Collaborative Research Center „Media of Cooperation“, in which we have attempted to refocus and reappropriate Susan Leigh Star’s and James Griesemer’s original notion of the boundary object. Within our 2015 workshop on “The Translation of Boundary Objects” we have started to re-engage with a more specific understanding that returns to Star’s list of four type of boundary objects: repositories, ideal types, coincident boundaries and forms/labels. The results of this have now been published in German as “Grenzobjekte und Medienforschung”, along with a translation of ten seminal texts by Star and her collaborators. As Erhard Schüttpelz has shown in his commentary on “This is Not a Boundary Object” all four types deal with the relation between modularity and extendability, with the relation between “parts” and “wholes”. [1]
Grenzobjekte und Medienforschung
Susan Leigh Stars (1954–2010) Werk bewegt sich zwischen Infrastrukturforschung, Sozialtheorie, Wissenschaftsgeschichte, Ökologie und Feminismus. Die wegweisenden historischen und ethnografischen Texte der US-amerikanischen Technik- und Wissenschaftssoziologin liegen mit diesem Band erstmals gesammelt auf Deutsch vor. Ihre Arbeiten zu Grenzobjekten, Marginalität, Arbeit, Infrastrukturen und Praxisgemeinschaften werden interdisziplinär kommentiert und auf ihre medienwissenschaftliche Produktivität hin befragt.
Mit Kommentaren von Geoffrey C. Bowker, Cora Bender, Ulrike Bergermann, Monika Dommann, Christine Hanke, Bernhard Nett, Jörg Potthast, Gabriele Schabacher, Cornelius Schubert, Erhard Schüttpelz und Jörg Strübing.
„Grenzobjekte und Medienforschung“ ist im Open Access verfügbar.
Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2017/18
Im Wintersemester unterrichte ich nach einiger Zeit in der Forschung wieder am Medienwissenschaftlichen Seminar der Universität Siegen. Mit dabei sind zwei Einführungsveranstaltungen, denn ohne Anfänge gibt es keine Zugänge. Die fortgeschritteneren Bachelorstudierenden dürfen sich auf ein Seminar zu „Grenzobjekten und Medienforschung“ freuen, in dem wir intensiv mit den jüngst auf Deutsch erschienenen Schriften Susan Leigh Stars arbeiten werden. Für Masterstudierende gibt es den direkten Kontakt mit der aktuellen, praxistheoretisch ausgerichteten Forschung im SFB „Medien der Kooperation“ — als Einladung, die kooperativen Praktiken (digitaler) Medien zu verstehen und selber Lust am theoretisch-empirisch Neuen zu entwickeln.
- Einführung in die Medienwissenschaft (7. Gruppe):
Seminarsplan (PDF) | LSF | Moodle - Einführung in die Medienwissenschaft (8. Gruppe):
Seminarsplan (PDF) | LSF | Moodle - Grenzobjekte und Medienforschung:
Seminarsplan (PDF) | LSF | Moodle - Werkstatt Praxistheorie:
Termine (PDF) | LSF | Homepage/Plakat
PS. Dieser Blogpost wird laufend aktualisiert.
Workarounds – Praktiken des Umwegs
ilinx – Berliner Beiträge zur Kulturwissenschaft. Nr. 4 : Workarounds
Herausgegeben von Holger Brohm, Sebastian Gießmann, Gabriele Schabacher und Sandra Schramke
Das gesamte Heft ist auf dem EDOC-Server der Humboldt-Universität einsehbar:
http://dx.doi.org/10.18452/18686
Inhaltsverzeichnis und Editorial [PDF]
Gabriele Schabacher, Im Zwischenraum der Lösungen. Reparaturarbeit und Workarounds [xiii]
Nikolaus Lehner, Empfehlungssysteme: Begehrlichkeiten auf Umwegen [57]
Ronja Trischler, Trial and Error. Zusammenarbeit im Irrgarten digitaler Bildbearbeitung [93]
Petra Löffler, Zick-Zack. Bruno Latours Umwege [137]
Maren Mayer-Schwieger, Umwege auf See. Zur Pflanzenverschiffung Ende des 18. Jahrhunderts [145]
Fabian Goppelsröder, Aus-/Setzen. Zur Bewegungslogik des Zauderns [157]
Marcus Termeer, Le Parkour: Effektive (Um-)Wege in postfordistischen Stadtlandschaften [165]
N.N., Die gerissene Hutschnur. Bürokratie und Workarounds [173]
Sandra Schramke, Umwege der Ästhetik. Die Architektur von Wang Shu und Lu Wenyu [183]
Susan Leigh Star / Geoffrey C. Bowker, Warum Klassifikationen zählen [193]
gedenken, Annette Bitsch (1969–2016) [224]
Vier Thesen zur Plattformgesellschaft (2)
Die vier Thesen zur Plattformgesellschaft, die Michael Seemann und ich zur re:publica 2015 formuliert haben, waren nie statisch gedacht. Also sollen sie fortwährend an die aktuellen medienkulturellen und ökonomischen Gemengelagen angepasst werden. Denn die Diskussion um die Vermittlungsleistungen und den Charakter digitaler Sozialität hat gerade erst begonnnen.
In meinem Siegener Seminar „Was ist eine Plattform?“ im Wintersemester 2015/16 (PDF) standen weniger die historischen Netzwerkeffekte und Plattformökonomien im Vordergrund, um die es uns bei der re:publica ging. Vielmehr ging es um die neuen und neuesten „sozialen Medien“. Ob des Tempos der Entwicklung sind Plattformen wie Facebook und YouTube dabei schon „alte Medien“, WhatsApp aktueller Mainstream und Snapchat vorläufig das nächste heiße Ding. Durch den Vergleich vieler aktueller Plattformen und ihrer Nutzungspraktiken lässt sich nun eine etwas andere Systematisierung vornehmen, die nach den gemeinsamen Eigenschaften der aktuellen Social-Media-Plattformen fragt – also nach ihrem Charakter als neue Vermittler.
Was also ist eine Plattform, als soziales Medium? Eine Definition könnte folgendermaßen formuliert werden:
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Plattformen sind datenintensive Infrastrukturen, auf denen verschiedene soziale Welten unterschiedlicher Akteure zusammentreffen können, aber nicht müssen.
Ihre infrastrukturelle Veränderung folgt also den verschiedenen Praxisgemeinschaften, die eine Plattform gewissermaßen für sich „erobern“. Filter bubbles und Echokammern existieren neben Interaktionsformen, in denen heterogene Akteure aus verschiedenen sozialen Welten miteinander interagieren. Dabei ist die Vermittlung zwischen unterschiedlichen sozialen Welten ein diffiziler Prozess, der an Missverständnissen, kulturellen Unterschieden und soziotechnischen Störungen scheitern kann. -
Plattformen zielen auf die Aggregation von Netzwerkeffekten, indem sie Netzwerkbildungen von vielen Akteuren (many-to-many) einen standardisierten Rahmen geben.
Dies klingt zwar vergleichsweise geradlinig, ist aber ein komplexer Prozess, da sowohl sich formierende Praxisgemeinschaften und Plattformfunktionalitäten nicht konstant bleiben, sondern wechselseitig verfertigt werden. Twitter ist dafür das beste Beispiel, seiner von der aktivistischen horizontalen Vernetzung zum globalen Nachrichtenmedium verlaufenen Karriere. Der standardisierte Rahmen ist oft Gegenstand von Nutzungskontroversen, die gerade die Modi der Netzwerkbildung beinhalten, wie etwa die mittlerweile eingeführte algorithmische Relevanzfilterung in der Twitter-Timeline zeigt. -
Plattformen sind Orte soziotechnischer Kooperation, die Vertrauen, Kontrolle, Bewertung, Klassifikation und Standardisierung miteinander kombinieren. Sie sind infrastrukturelle und öffentliche „Medien der Kooperation“.
Die normale Kooperationsform auf Social-Media-Plattformen ist die einer „Kooperation ohne Konsens“, wie sie die Techniksoziologin Susan Leigh Star beschrieben hat. Selbst vergleichsweise geschlossene, normativ ähnlich eingestellte und kleine Praxisgemeinschaften können i.d.R. selten einen kompletten Konsens über ihre Vorgehensweise erzielen. Gemeinsames kooperatives Handeln wird deshalb zuallermeist über gemeinsam genutzte Werkzeuge – in diesem Fall die Plattformfunktionalitäten und andere Software – organisiert. Selten gibt es hierfür die ideale Lösung, vielmehr ist auch die Interaktion in Social Media durch eine „Struktur schlecht strukturierter Lösungen“ (Star) gekennzeichnet, die für Vertrauensbildung, Kontrolle, Bewertung und Klassifikation genutzt werden. -
Plattformen entwickeln eine regulative Kraft auf die durch sie vernetzten Akteure, werden aber durch deren Nutzungspraktiken fortwährend transformiert. Teilweise versuchen sie, den Charakter neuer Institutionen anzunehmen.
Was in der Forschung oft als globale „Plattformpolitik“ diskutiert und v.a. anhand der Terms of Service problematisiert wird, ist in der alltäglichen Interaktion mit sozialen Medien eine deutlich komplexere Angelegenheit. Die Ko-Konstitution von Medienpraktiken und datenintensiver Infrastruktur lässt sich nicht als statisches Diagramm zeichnen. Jedoch setzen gerade die großen, quasi-monopolistisch agierenden Plattformen sehr gezielt globale Kooperationsbedingungen. Diese sind aber nicht der Ort eines neuen, politisch und v.a. ökonomisch bezifferbaren Mediendeterminismus. Vielmehr bleibt es eine medientheoretische Aufgabe, den nur stabil erscheinenden, vorläufigen Status der neuen Medienagenturen zu bestimmen, mitsamt ihres Anspruchs als Ort der neuen Öffentlichkeiten.
Denn der aktuelle Strukturwandel der (privatisierten) Öffentlichkeiten ist mitnichten abgeschlossen, und kann sogar in’s gemeinschaftliche Web 0.0 zurückführen, wie ein gleichnamiges Projekt des italienischen Street-Art-Künstlers Biancoshock zeigt:
Der Durkheim-Test. Anmerkungen zu Susan Leigh Stars Grenzobjekten
In den von Cornelius Borck herausgegebenen „Berichten zur Wissenschaftsgeschichte“ ist dieser Tage ein Text über Susan Leigh Star erschienen, an dem ich lange gearbeitet habe. Und natürlich ist er eigentlich immer noch nicht fertig – aber nun immerhin online auffindbar, insofern freundliche Bibliotheken die Zeitschrift abonniert haben. Hier der Abstract:
The Durkheim Test. Remarks on Susan Leigh Star’s Boundary Objects. The article reconstructs Susan Leigh Star’s conceptual work on the notion of ‘boundary objects’. It traces the emergence of the concept, beginning with her PhD thesis and its publication as Regions of the Mind in 1989. ‘Boundary objects’ attempt to represent the distributed, multifold nature of scientific work and its mediations between different ‘social worlds’. Being addressed to several ‘communities of practice’, the term responded to questions from Distributed Artificial Intelligence in Computer Science, Workplace Studies and Computer Supported Cooperative Work (CSCW), and microhistorical approaches inside the growing Science and Technology Studies. Yet the interdisciplinary character and interpretive flexibility of Star’s invention has rarely been noticed as a conceptual tool for media theory. I therefore propose to reconsider Star’s ‘Durkheim test’ for sociotechnical media practices.
Navigationen – Medien der Kooperation
In den letzten Wochen gab es noch den Feinschliff, nun liegt die aktuelle Ausgabe der Siegener Navigationen gedruckt vor. Das von Matthias Schäfer gestaltete Cover zeigt nicht nur die Grafiken, mit denen die Techniksoziologin Susan Leigh Star ihr Konzept der „Grenzobjekte“ erstmals gegenüber Informatikern erläuterte. Auf der Rückseite haben wir noch einen kleinen heutigen Einblick in diejenige Institution versteckt, der die berühmte historische Fallstudie Stars und James Griesemers gegolten hat – das Museum of Vertebrate Zoology der University of Berkeley.
[Update 9.7.2015: Mittlerweile ist der Volltext der Ausgabe als PDF auf dem Siegener OPUS-Publikationsserver verfügbar.]
Worum geht es in dem Heft, das eine von David Sittler besorgte deutsche Erstübersetzung von Susan Leigh Stars „The Structure of Ill-Structured Solutions“ bietet?
Die digital-vernetzten Medien erfordern neue Analysen, Theorien und
Geschichten. Sie verändern unseren Blick auf die Geschichte von
Infrastrukturen, Öffentlichkeiten und Medienpraktiken. Was wären Ansätze
für eine Medientheorie, die praktischen „skills“ des Mediengebrauchs,
seiner soziotechnischen Materialität und den bürokratischen wie
epistemischen Qualitäten der Medien gerecht wird? Die vorliegende
Ausgabe 1/2015 der Navigationen widmet sich Medien als kooperativ
bewerkstelligten Kooperationsbedingungen. Sie erbringen, so die These,
konstitutive Vermittlungsleistungen zwischen der Organisation von
Arbeit, Praktiken des Infrastrukturierens und der Genese von
Öffentlichkeiten in wechselseitiger Interaktion.u.a. mit Beiträgen von Erhard Schüttpelz, Sebastian Gießmann, Susan
Leigh Star, Heinrich Bosse und Kjeld Schmidt.Hrsg. von der AG „Medien der Kooperation“
Erhältlich beim Siegener Universitätsverlag universi.