In der digitalen Lehre ist positives Feedback besonders wichtig. Kritische Richtigstellungen hingegen gefährden die fragile Interaktionsordnung der Videokonferenz. Wie damit umgehen? Ich sammle hier einige Richtigstellungen, die zu wichtig sind, als dass sie in dicht gedrängten medienkultur- und mediensozialwissenschaftlichen Seminaren untergehen dürfen.
(2) Es gibt keine 'filter bubbles' oder 'Echokammern', sondern die Homophilie der operativen Netzwerkanalyse Vgl. @whkchun unter https://t.co/Fb9Iocvphg.
Dieser CAIS-Report ist eine Vorschau für »Das Kreditkarten-Buch: Geschichte und Theorie des digitalen Bezahlens«. Es wird 2024 im Berliner Kulturverlag Kadmos erscheinen. Weite Teile des Texts sind durch das Bochumer Fellowship überarbeitet und geschrieben worden. Mein herzlicher Dank gilt dem gesamten Team des Center for Advanced Internet Studies und dem Siegener Sonderforschungsbereich Medien der Kooperation.
Die Kapitel des Buches tragen folgende Titel (Stand November 2020):
Am ersten Oktober 1970 fiel die politische Entscheidung, kein gesamtsowjetisches Computernetzwerk aufzubauen. Die Geschichte dieses „InterNjet“ ist mittlerweile aus den USA heraus rekonstruiert worden, u.a. von Slava Gerovitch und Ben Peters. In Deutschland sind die sowjetischen Netzwerkprojekte und ihre Protagonisten Anatolij Kitov und Wiktor Gluschkow nur wenigen bekannt.
Mein Artikel zum 50-jährigen Nicht-Jubiläum ist heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen (30. September, S. N4, online bei faz.net). Die US-amerikanischen Arpanet-Entwicklungen hatten bereits im letzten Jahr ihren 50. Geburtstag. Im kommenden Siegener Seminar Medienkulturen des Kalten Krieges: „The Americans“ werden die digitalen Medientechnologien und kybernetischen Infrastrukturen auf – und zwischen – beiden Seiten des Eisernen Vorhangs analysiert.
Karte des Einheitlichen Staatlichen Netzwerks von Rechenzentren EGSVT, Plan für das Jahr 1990. Datiert auf 1964 in Peters, Ben: How Not To Network a Nation: The Uneasy History of the Soviet Internet, Cambridge, MA/London 2016, S. 112.
Registrieren, Identifizieren und Klassifizieren sind Praktiken, die in digitalen Kulturen kaum mehr zu trennen sind. Anhand der Mediengeschichte des Passes und der Kreditkarte geht der folgende Text der Frage nach, wie immer neue infrastrukturelle Kaskaden des Identifizierens entstehen und welche öffentliche Brisanz den entsprechenden Datenverarbeitungen innewohnt. Beim Identifizieren handelt es sich um eine ko-operative Medien- und Datenpraktik, an der stets mehr als eine Person beteiligt ist. Sie involviert von Anfang an menschliche Körper samt ihrer semiotischen Ressourcen und koppelt diese mit bürokratischen Aufschreibesystemen. Auch die neuesten digitalen Prozeduren greifen bevorzugt auf Gesichter und Fingerabdrücke zu: Biometrie versucht, den für das Identifizieren konstitutiven Abstand zwischen Konten, Körpern und Personen aufzuheben.
„Identifizieren: Theorie und Geschichte einer Medienpraktik“ ist in der Working Paper Series des Siegener Sonderforschungsbereichs Medien der Kooperationerschienen. Es handelt sich um einen Preprint des Wörterbucheintrags „Identifizieren“, der im dritten Band des „Historischen Wörterbuchs des Mediengebrauchs“ publiziert werden wird. Ich danke den Herausgebern Heiko Christians, Matthias Bickenbach und Nikolaus Wegmann für diese Möglichkeit. Entstanden ist der Text in und mit der Werkstatt Praxistheorie des SFBs. Wichtig war die Diskussion zur banal surveillance mit Asko Lehmuskallio, Paula Haara und Heiki Heikkilä während eines Aufenthalts in Tampere, Finnland. Jenny Berkholz, Sebastian Randerath und Tobias Conradi haben die Publikation des Working Papers dankenswerterweise mit möglich gemacht.
Medien- und Kulturtheorien der Digitalität Unisono | Moodle
Aufgrund der anhaltenden Corona-Epidemie werden die Veranstaltungen primär digital stattfinden. Die Medialität der dafür genutzten Infrastrukturen und unsere eigenen digitalen Praktiken werden wir analytisch fruchtbar machen.
Zur laufenden Debatte über Methoden der Medienwissenschaft habe ich einen Text zu neuen Wegen und Zielen der Medienforschung beigesteuert, der in der Zeitschrift für Medienwissenschaft erschienen ist. Alle Diskussionsbeiträge sind online einsehbar.
Meine Intervention schlägt eine interdisziplinäre Verschiebung in der Debatte zu medienwissenschaftlichen Methoden vor: Die Medienkulturwissenschaft sollte sich neuen Formen theoretischer Empirie öffnen, wie sie international als „inventive, mixed, lively, mobile, digital methods“ diskutiert werden.
Mein Buch „Die Verbundenheit der Dinge: Eine Kulturgeschichte der Netze und Netzwerke“ liegt nun im Open Access vor. Die PDF-Datei der zweiten Auflage von 2016 kann über das medienwissenschaftliche Fachrepositorium media/rep/ aufgerufen werden. Großer Dank gilt neben Dietmar Kammerer dem Kulturverlag Kadmos und Wolfram Burckhardt, die das Buch angesichts der Corona-Epidemie für den Open Access verfügbar gemacht haben. Bitte unterstützen Sie freie und unabhängige Verlage, die es momentan besonders schwer haben! Zum Beispiel mit dem Erwerb der Druckversion, die nicht nur zusätzlich über einen großen Farbteil verfügt, sondern einfach besser in der Hand liegt als ein PDF.
Ab April werde ich für ein halbes Jahr am Bochumer Center for Advanced Internet Studies (CAIS) zu Gast sein. Mein Forschungsvorhaben widmet sich Geschichte und Theorie des digitalen Bezahlens. Es geht davon aus, dass die Digitalisierung der Zahlungssysteme in drei großen Schüben stattgefunden hat, angefangen mit erstens dem Aufbau computerbasierter Infrastrukturen zum Prozessieren von Kreditkartenzahlungen ab 1968, fortgesetzt mit zweitens der Standardisierung von chip-basierten Bezahlkarten in den 1990er Jahren und drittens mit der weiten Etablierung mobiltelefonbasierter Bezahlsysteme und neuer digitaler Währungen seit 2010. Diese bereits über 50-jährige Mediengeschichte des digitalen Bezahlens rekonstruiert das Forschungsprojekt vor dem Hintergrund der aktuellen Konvergenz mobiler Zahlungssysteme mit Blockchain-Infrastrukturen, wie sie exemplarisch durch das von Facebook begründete Libra-Konsortium herbeigeführt werden soll.
Während die Infrastrukturen, die auf Plastikdebit und -kreditkarten basieren, als „legacy systems“ weiterhin einen Großteil der digitalen Transaktionen weltweit bestimmen, befindet sich die Welt der Zahlungssysteme aktuell in einer fundamentalen medientechnologischen Transformation. Seitdem der Bitcoin als dezentrale Kryptowährung und Spekulationsobjekt – trotz oder wegen enormer Wertschwankungen – reüssiert hat, haben „Financial Technologies“ bzw. Fintechs Konjunktur. Deutschland erreichen die Innovationen im digitalen Bezahlen – z.B. in Gestalt neuer, app-basierten Banken – in der Regel mit Verspätung. Das Forschungsprojekt wird zeigen, dass diese im internationalen Vergleich langsame Transformation der Medienpraktiken des Bezahlens typisch für die nachkriegsdeutsche Finanzmediengeschichte ist. So opponierten gegen die Zahlung per Kreditkarte Privat-, Genossenschaftsbanken und Sparkassen seit Beginn der 1970er Jahre – zugunsten des Girokontos und des papiernen eurocheque-basierten mobilen Bezahlens. Was im Zuge der Krisendiskurse zum Stand der Digitalisierung in Deutschland oberflächlich als eine Bestätigung von Rückständigkeit erscheinen mag, ist für die medientheoretische Perspektivierung von „multiplicities of money“, die alte und neue Gelder nicht strikt trennt, erkenntnistheoretisch von Vorteil (Guyer 2004; Mauss 2015; Blumentrath u. a. 2019).
Medientheoretisch fokussiert das Projekt daher auf das Verhältnis von Infrastrukturen und Praktiken des Bezahlens. Was (digitales) Geld im Alltag ist, lässt sich nicht geldtheoretisch abstrakt beantworten, sondern im Sinne eines „practice turn“ der Medienforschung (Bergermann u. a. 2020) nur entlang der konkreten Praktiken, Interaktionsordnungen, (digitalen) Infrastrukturen, Interfaces, Buchführungsprozeduren und institutionellen Vollzügen von Rechts- und Regelsystemen. Zu dieser Perspektivierung von Geld als infrastrukturellem Medium gehört spiegelbildlich dessen Charakter als öffentlich-rechtliches Medium, der durch die Digitalisierung des Bezahlens aber fundamental infrage steht. Die mit der Bargeldzirkulation gegebenen Garantien – etwa der Urkundenstatus des Geldscheins (Schröter 2015) – sind in digital-vernetzter Buchführung und app-basiertem Bezahlen kaum mehr abbildbar. Andere Vertrauensmechanismen füllen diese Lücke, führen aber zu Kaskaden des Registrierens und Identifizierens: Immer weitere Nichtreproduzierbarkeits-, Sicherheits- und Zertifizierungsmerkmale kennzeichen die privatwirtschaftlich betriebenen Infrastrukturen des digitalen Geldes. Ihre soziotechnische Prüfbarkeit ist als gesellschaftliches Legitimationsproblem noch kaum erkannt worden, außer im ursprünglichen Design von Blockchains als jederzeit überprüfbaren verschlüsselt-verteilten Transaktionsverzeichnissen. Die Geschichte und Theorie des digitalen Bezahlens soll dafür ein kritisches Bewusstsein schaffen, denn digitale Infrastrukturen verändern den öffentlichen Charakter des Geldes zugunsten der massiven Personalisierung, Datafizierung und Appifizierung von Bezahlmedien. Folgende Fragestellungen instruieren die Arbeit im Detail:
Wie lassen sich die drei Transformationen des digitalen Bezahlens medien- und sozialhistorisch kontextualisieren und begründen?
Wie konfiguriert sich das Verhältnis von Praktiken und Infrastrukturen des Bezahlens jeweils neu?
Wie vollzieht sich die Personalisierung, Datafizierung und Appifizierung des Geldes, d.h. wie werden Konten und Personen als Grundelement sozialer Medien verknüpft?
Welche sozialen Stratifikationen, Klassifikationen, Markt- und Kapitalgefüge werden durch die neuen infrastrukturellen Medien des öffentlichen Mediums Geld geschaffen?
Tim Berners-Lee demonstrates the World Wide Web to delegates at the Hypertext 1991 conference in San Antonio, Texas [CERN-IT-9112021-01]
Based on historical case studies focused on media and data practices,
the project reconstructs the co-operative creation of networked media
since 1989. From a media-historical perspective, it aims to provide a
contribution to the European and transatlantic history of the Internet
and the World Wide Web. From a media-theoretical perspective, the
project aims to develop and specify a concept of digitality that takes
into account its cooperative emergence, its infrastructural
maintenance, universalization, and its specific publics.
We thereby focus on the constitutive role of a) interchangeability of representations and the growth of digital systems, b) cooperative production of interoperability and modularity, and c) elementary practices of reading, writing and algorithmic control. The three work packages of the project explore
the constitution of the World Wide Web via its situated work constitution (Gießmann, Schüttpelz, Taha, Volmar),
the development of intranets using the example of German corporate networks (Taha) and
the emergence and spread of IP-based real-time communication via instant messaging (Volmar).
We assume that the establishment of the Internet and especially the
World Wide Web as a public general-purpose infrastructure has lead to a
remediation of cooperative practices of local working contexts. The
project therefore therefore reconstructs the emergence and proliferation
of web applications as a software- and data-oriented infrastructural
history of cooperative media. We focus on the mutual production of
cooperative conditions from collective, locally limited as well as
translocally distributed work contexts and the corresponding situated
data practices and arrangements (such as format usage, user
administration, file sharing, collaborative processing of files,
programming, error correction, patenting, standardization, etc.).
We are particularly interested in the interactions between work practices and the specific requirements for cooperation they produce, and in the materializations and affordances of digital micro-practices, through which cooperative conditions are ultimately realized in the form of digitally networked applications. We analyze these dynamics before the background of a longue durée of bureaucratic and administrative processes. These form the underlying socio-technical conditions that determine the materiality of cooperative computing, networking and data processing.
This research project is a part of the Collaborative Research Center „Media of Cooperation“ at Siegen University. Feel free to contact us anytime! Up to date publications can be found at our Media of Cooperation homepage.