Antonia von Schöning hat ein elegantes Buch geschrieben. »Die Administration der Dinge« verflechtet geschickt Imaginations-, Verwaltungs- und Mediengeschichte, um sich der Hauptstadt des 19. Jahrhunderts erneut zu nähern. Mit ihrer Neuerkundung der Pariser Kanalisation des 19. Jahrhunderts betritt von Schöning ein Souterrain, das schon seit Langem kein »anderer Ort« mehr ist. Zwar lassen sich die Touristen und Touristinnen, die das Pariser Kanalisationsmuseum (Musée des Égouts) verlassen, immer noch leicht daran erkennen, dass sie beim Verlassen erleichtert wieder aufatmen. Aber die imaginären Überschüsse, von denen dieses Buch handelt, sind heutzutage eher Erkundungen infrastruktureller Praxis gewichen, wie sie etwa Bruno Latour und Émilie Hermant mit »Paris, ville invisible« in Gestalt eines Fotoessays vorgelegt haben. An Erzählungen, die etwa der Kanalisationspoetik in Victor Hugos »Les Misérables« gleichkämen, mangelt es jedoch der Jetztzeit genauso wie an Kartenwerken, die Eugène de Fourcys monumentalen »Atlas souterrain de la ville de Paris« von 1859 das Wasser reichen könnten.
Von Schönings hier besprochenes Buch, das als Dissertationsschrift im Weimarer Graduiertenkolleg »Mediale Historiographien« entstanden ist, betont die Untrennbarkeit von medialen Darstellungsverfahren, administrativen Techniken, imaginativen Praktiken und Umgestaltungen des urbanen Raums. Es handelt sich um eine genuin medienkulturwissenschaftliche Studie, zu deren Anlage eine umfassende Durchsicht der Traktat- und Administrationsliteratur zur Pariser Kanalisation gehört – mitsamt ihrer neu entwickelten statistischen und kartografischen Verfahren.
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