Das neue Geld der Öffentlichkeit: Wie gestalten wir den digitalen Euro?

Wir wollen mit Euch diskutieren! Über den digitalen Euro, seine Zukunft, seine Kontroversen, seine politische Philosophie, Medientheorie und Ökonomie. Alle Generationen brauchen digital cash. Aber wie gestalten wir als europäische Zivilgesellschaft ein neues Medium der Kooperation?

2025 wird ein entscheidendes Jahr für den digitalen Euro. Die Europäische Zentralbank steckt mitten in der Vorbereitungsphase für diese neue Form des Bargelds. Währenddessen stockt der nötige politische Prozess in Brüssel. Dabei ist das Projekt immer noch vielen Bürger:innen unbekannt: Im Juni 2024 wussten 59 Prozent der Deutschen nichts über die digitale Zentralbankwährung. Und wer schon davon gehört hat, vermutet vieles – angefangen bei der (keinesfalls geplanten) Abschaffung von Schein und Münze, befürchteter finanzieller Überwachung bis zur Einführung einer europäischen Kryptowährung.

Wenn wir ein neues Geld der europäischen Öffentlichkeit bis 2028 realisieren wollen, braucht es deshalb vor allem: mehr zivilgesellschaftliche Aufmerksamkeit für die digitale Zentralbankwährung, mehr und genaueres Wissen, mehr Deliberation und zivilisierten Streit, mehr Kooperation, kollektives Vorstellungsvermögen und politischen Willen. Die Philosophin Petra Gehring und der Medientheoretiker Sebastian Gießmann debattieren mit Euch, wie wir den digitalen Euro unter den aktuellen Bedingungen für alle Generationen gestalten können, und müssen.

26. Mai 2025
STATION Berlin
Stage 3
13:45-14:15 Uhr

Künstliche Intelligenz zwischen Spezialisierung und Universalisierung

Cologne Media Conversations Künstliche Intelligenz zwischen Spezialisierung und Universalisierung

Auf welche Zukunft in welchen neuen Umgebungen muss sich die Medien- und Kulturtechnikforschung angesichts der rezenten Konjunktur von Künstlicher Intelligenz ausrichten?

Der Vortrag kommt hierzu auf eine grundsätzliche Frage von Marcel Mauss zur Konstitution von Techniken zwischen speziellen und allgemeinen Zwecken zurück. Er bietet, erstens, eine kurze Lagebeschreibung zur gegenwärtigen Entwicklung des maschinellen Lernens und neuerer KI zwischen Spezialisierung und Universalisierung.

Kern meiner Argumentation ist, zweitens, eine natur- und kulturtechnische Genealogie. Sie fragt nach der historischen Wiederkehr konnektionistischer Praktiken, Algorithmen, Denk- und Handlungsstile als Bedingung der aktuellen KI-Technologien. Wie konnten aus biologischen Neuronen artifizielle neuronale Netze werden, die als infrastrukturelle Grundierung Künstlicher Intelligenz fungieren?

Auf dem Spiel stehen dabei, drittens, die Medien selbst. Sie werden aufgrund der Naturalisierung und Habitualisierung von konnektionistischer KI zu statistisch operationalisierten, datenintensiven Netzwerken.

Künstliche Intelligenz zwischen Spezialisierung und Universalisierung:
Eine Wette mit Marcel Mauss
Cologne Media Conversations no. 55

Dienstag, 21.01.2025, 12–13.30 Uhr
Universität zu Köln, Hauptgebäude, Hörsaal VIII

Small Forms in Circulation

I am happy to give a keynote at this conference of the Research Training Group “The Literary and Epistemic History of Small Forms”. It is called Infrastructures and/as Environments: Practices and Ecologies of Circulation. Feel free to join us and think collectively about “Small Forms in Circulation” at Humboldt University on November 28-30, 2024.

Conference poster Small Forms in Circulation

Am Grund der Zahlung

Congress of the Swiss Sociological Association 2024 Vulnerable Societies

Mein Beitrag fragt im Rahmen des Panels „Digital Payments: Neue Vulnerabilitäten?“ nach – mithin entscheidenden – Umschlagpunkten und Leerstellen in der Medien- und Sozialgeschichte des digitalen Bezahlens. Techno-ökonomische Netzwerke werden, wie Michel Callon (1991) gezeigt hat, im Laufe ihrer Entwicklungsverläufe irreversibel. Mich interessiert diese Produktion von Irreversibilität in den mehrfachen Digitalisierungen des Bezahlens.

Ab wann und für welche Praxisgemeinschaften kann ein Bezahlsystem als universell gelten? Lässt sich diese Universalität verstetigen, oder müssen wir mit immer neuen spezialisierten Infrastrukturen rechnen, die fortwährend neue Tokens (O’Dwyer 2023) produzieren? Wem obliegt die Übersetzung von neuen Formen des Datengelds, und wie wird es mit Plattformökonomien verknüpft? Auf welche Formen von gesellschaftlicher Vulnerabilität antworten die Versicherheitlichungen digitaler Werte? Und welche individuellen Formen von Verletzlichkeit entstehen durch sie?

Einsatzpunkte des Vortrags sind u. a. die Standardisierung der Kreditkarte parallel zur Aufhebung des Goldstandards 1971, die konstitutive Absenz von Bezahlstandards im frühen World Wide Web der 1990er Jahre (und der damit einhergehende Aufstieg von Werbenetzwerkwerken als Geschäftsmodell), der Aufstieg von PayPal aus dem Zusammenbruch der Dotcom-Blase heraus und die Konjunktion des Bitcoins mit der Finanzkrise von 2008.

Konstitutive Veränderungen der Medien des Mediums Geld, so die Annahme, indizieren mehr als ein Ringen um Marktanteile und Zugang zu sozio-ökonomischer Handlungsfähigkeit und Macht. Sie sind Arbeit am sozioökonomischen Gefüge von Gesellschaften weltweit, zu dem man in Anschluss an Bruno Latour (2002: 21) sagen kann: Je mehr Infrastrukturen, je mehr datenintensive Vermittlungen, umso realer – aber auch verletzlicher – wird finanzmediale Wirklichkeit.

Jede Vermittlung zählt. Besonders deutlich wird dies in der biometrischen Zurüstung neueren Datengeldes, das eine massive Personalisierung von Werten durch und mit Körperzeichen vornimmt. In dieser Kombination von Konto, Körper und Person zeigt sich die mediale Dimension von Bezahlsystemen als Klassifikationssystemen, durch die elementare Differenzen von class, race und gender konstituiert und – potenziell – irreversibilisiert werden.

Digital Payments: Neue Vulnerabilitäten?
11. September 2024, 13.15–14.45 Uhr
Raum 02.O.03
FHNW Campus Muttenz / Basel

Mit Beiträgen von Markus Unternährer, Antonia Steigerwald, Tatjana Graf, Carola Westermeier, Marek Jessen und Sebastian Gießmann

  • Callon, Michel. „Techno-Economic Networks and Irreversibility“. In A Sociology of Monsters? Essays on Power, Technology and Domination, herausgegeben von John Law, 132–161. London; New York: Routledge, 1991.
  • Latour, Bruno. „What is Iconoclash. Or is There a World Beyond the Image Wars?“ In Iconoclash. Beyond the Image Wars in Science, Religion and Art, herausgegeben von Bruno Latour und Peter Weibel, 14–37. Karlsruhe; Cambridge, MA; London: ZKM; MIT Press, 2002.
  • O’Dwyer, Rachel. Tokens. The Future of Money in the Age of the Platform. London; New York: Verso, 2023.

When ANT met Cultural Techniques: Re-engaging with Network Cultures

Logo Making and Doing Transformations Amsterdam 2024

ANT was a blast when it reached Media Studies. Its methodology, however, was based on a mediating “Connectivity of Things” that could be mobilized but hardly historicized. So how do we re-engage with research on networks as cultural technique to create joint future(s) of STS and Media Studies?

This is part of a panel at this year’s EASST-4S Conference:
What Is The Past And Future Of Actor-network Theory?
Traditional Open Panel P146
Amsterdam: Making and Doing Transformations
Friday 19 July, 14:00-15:30, 16:00-17:30

Actor-network theory heuristics and methodology have traveled quite a bit outside of STS. Media Studies, in its differing styles of thought, is a case in point. Within my contribution, I am going to contextualize a still recent constellation between ANT and German Media Studies. How did crucial elements of the French anthropology of technology (Marcel Mauss, André Leroi-Gourhan, Georges Haudricourt, Gilbert Simondon) become a common ground for both actor-network theory and the Germanophone research on cultural techniques? What can be learnt for future STS network methodologies from intertwining ANT with Media Studies of cultural techniques?

From the vantage point of cultural techniques, ANT might have lacked a critical, historicizing perspective on its own foundations and mode of operation. It generalized Leroi-Gourhan’s operational chains into sociotechnical networks. Yet programmatic initiatives for historicizing and criticizing networks were not wanting—for instance, Michel Serres’s ”History of Scientific Thought” or Bruno Latour’s ”We Have Never Been Modern.” But for ANT, everything that could be described analytically as a network (or “worknet”) qualified as an actual network. Claims were bolstered by the self-evidence of the lifeworld (and academic practice) of the 1980s and 1990s. ANT could only come about because of the flourishing sociotechnical networks of the day. In contrast, subsequent, more historically oriented studies of cultural techniques—and of the history of infrastructure and science, technology, and society—demonstrate reserve by stressing the material grounding of networks, their metonymic character, situatedness, and specificity. Networks have genealogies within a “Connectivity of Things,” but they are not themselves genealogies.

Theatre of Memory: Transdisziplinäres Symposium zur Neuronästhetik

Rauminstallation Sonapticon von Tim Otto Roth, Tieranatomisches Theater, Berlin 2024. Fotografie Sebastian Gießmann, CC-BY-SA
 
Mit dem Sonapticon von Tim Otto Roth wird Musik sprichwörtlich nervös: Ein ganzer Raum verwandelt sich in ein Netzwerk von interagierenden Tönen, die grundlegende Vorgänge in Nervenzellen widerspiegeln, die uns zu fühlenden und denkenden Wesen machen. Der begehbare, immersive Klangraum aus miteinander kommunizierenden Lautsprechern macht es nicht nur möglich, in die Netzwerkstruktur einzutauchen, sondern zugleich kann man mit dieser über Töne und Geräusche interagieren. Wenn man ein Gefühl für die Abläufe bekommen hat, dann lässt sich mit dem Sonapticon auf völlige neue Art und Weise musizieren – eine Musik, die eine Idee der kognitiven Prozesse gibt, die in ihrer Komplexität für uns nach wie vor ein Geheimnis bleiben.

Theatre of Memory:
Transdisziplinäres Symposium zur Neuronästhetik

Tagungsbericht [crossposting von imachination.net]
Berlin, 26. und 27. Januar 2024
In Kontext der Ausstellung des Sonapticon von Tim Otto Roth im Tieranatomischen Theater

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Bar oder mit Karte? Warum wir neue Infrastrukturen des Geldes brauchen [re:publica 23: CASH]

Banner der re:publica 2023, CASH
 
Bar oder mit Karte? Oder doch per App oder Krypto-Wallet bezahlen? Wenn es um’s Geld geht, fehlt in Deutschland soziale Fantasie, Innovations- oder gar Risikobereitschaft. Diesen Zustand nehme ich nicht länger hin und frage: Welchen digitalen Euro braucht unsere Zivilgesellschaft?

Keynote auf der re:publica 2023: 6. Juni, 16.45 Uhr, Stage 1.

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Netzwerke im Kulturtransfer

Poster Netzwerke im Kulturtransfer

Kulturkontakte und Kulturtransfer finden stets in Netzwerken statt: Sie sind von Beziehungen zwischen einzelnen Vermittler:innenfiguren und vermittelnden Institutionen, von materiellen und konventionellen Handels-, Verkehrs- und Kommunikationswegen, von den transportierten Gegenständen und nomadischen Medien, und von den impliziten Protokollen für jede der einzelnen involvierten Kommunikationen und Kooperationen abhängig. Der in den letzten beiden Jahrzehnten rasante und innovative Fortschritt der Forschung zu Netzwerken in etlichen Disziplinen bietet den Geisteswissenschaften deshalb auch in diesem Bereich neue Herausforderungen und Chancen.

Die zweitägige interdisziplinäre Tagung Netzwerke im Kulturtransfer untersucht Prozesse der kulturellen Vermittlung dezidiert mit dem Blick auf jene Netzwerke, die sie ermöglichen und die von ihnen performiert werden. Es gilt, neue Verfahren und Begriffe zu entwickeln, die dem Fortschritt der Netzwerkforschung Rechnung tragen und zugleich grundlegend zum Verständnis gerade grenzüberschreitender kultureller Netzwerke beitragen – von der qualitativen und quantitativen Netzwerkforschung über Akteur-Netzwerk-Theorie und Akteur-Medien-Theorie bis zu Profilierungen zwischen system- und netzwerkorientierten Ansätzen.

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Circulating Indexicality, Cyberspace and the Early Web

logo the web that was

Looking back at 1990s representations of cyberspace always makes one feel alienated, a bit dislocated, and amazed at the same time. Did the American and Western European grasp of the World Wide Web really mix it with imaginations of cyberspace, all of the time? How could the mundane interfaces, modems, and slowly loading websites give rise to such an enthusiastic mapping of online spatiality, creating an unique visual culture of new cyberspaces? Some explanations for this are easier to give: Cyberpunk, Gaming Cultures and Media Arts had been engaged with online spatiality before the Web grew exponentially in a short time. Interlinking public, and especially urban space with representations of digital cities and information landscapes also did not start with the Web, as Kirsten Wagner has shown as early as 2006 (Wagner 2006). Yet some of the Web’s practices became quickly engaged with a translation of urbanity into cyber-urbanity, and affording a new situationist dérive while surfing. John Perry Barlow’s “Declaration of Independence” attempted to remove the cyberspace from the realm of old statehood and legality, while addressing its representatives at the highly localized 1996 World Economic Forum in Davos.

A lot of this resonates in and with Martin Dodge’s and Rob Kitchin’s seminal work of “Mapping Cyberspace” (2000), which we want to revisit here. For them, the “Web has become such a powerful interface and interaction paradigm that is the mode of cyberspace, particularly for the mass of users who only came online since the mid-1990s.” (Dodge/Kitchin 2000, p. 3). Along with Dodge and Kitchin, a slightly more systematic explanation can be made about the dynamics between locating the Internet, and the Web, topographically while at the same time accounting for its feelingly new information spaces and attaching a topological spatiality to them. Relations between topography and topology are, as I would like to argue, always shifting and relational, thereby relying on the evaluations of what kind of indexicality a mapping wants to achieve. So neither is topography bound to mimetic mappings of actual geographic space, nor is topology something only to be found in the realm of abstract diagrammatics and mathematics that refrain from any geo-indexicality. Methodologically, Dodge and Kitchin appropriated the whole range of digital cartographic options at hand, including a multitude of distributed mappings of geographers at universities and telco companies. Geo-indexicality thus almost always remained topical, even if it was absent in representations of, let us say, a hyperlink topology between websites like Ben Fry’s Valence (1999). “[G]eography continues to matter, despite recent rhetoric claiming the ‘death of distance’.” (Dodge/Kitchin 2000, p. x.)

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