Identifizieren: Theorie und Geschichte einer Medienpraktik

Cover Identifizieren: Theorie und Geschichte einer MedienpraktikRegistrieren, Identifizieren und Klassifizieren sind Praktiken, die in digitalen Kulturen kaum mehr zu trennen sind. Anhand der Mediengeschichte des Passes und der Kreditkarte geht der folgende Text der Frage nach, wie immer neue infrastrukturelle Kaskaden des Identifizierens entstehen und welche öffentliche Brisanz den entsprechenden Datenverarbeitungen innewohnt. Beim Identifizieren handelt es sich um eine ko-operative Medien- und Datenpraktik, an der stets mehr als eine Person beteiligt ist. Sie involviert von Anfang an menschliche Körper samt ihrer semiotischen Ressourcen und koppelt diese mit bürokratischen Aufschreibesystemen. Auch die neuesten digitalen Prozeduren greifen bevorzugt auf Gesichter und Fingerabdrücke zu: Biometrie versucht, den für das Identifizieren konstitutiven Abstand zwischen Konten, Körpern und Personen aufzuheben.

„Identifizieren: Theorie und Geschichte einer Medienpraktik“ ist in der Working Paper Series des Siegener Sonderforschungsbereichs Medien der Kooperation erschienen. Es handelt sich um einen Preprint des Wörterbucheintrags „Identifizieren“, der im dritten Band des „Historischen Wörterbuchs des Mediengebrauchs“ publiziert werden wird. Ich danke den Herausgebern Heiko Christians, Matthias Bickenbach und Nikolaus Wegmann für diese Möglichkeit. Entstanden ist der Text in und mit der Werkstatt Praxistheorie des SFBs. Wichtig war die Diskussion zur banal surveillance mit Asko Lehmuskallio, Paula Haara und Heiki Heikkilä während eines Aufenthalts in Tampere, Finnland. Jenny Berkholz, Sebastian Randerath und Tobias Conradi haben die Publikation des Working Papers dankenswerterweise mit möglich gemacht.

Grenzobjekte und Medienforschung

Susan Leigh Star: Grenzobjekt und Medienforschung CoverSusan Leigh Stars (1954–2010) Werk bewegt sich zwischen Infrastrukturforschung, Sozialtheorie, Wissenschaftsgeschichte, Ökologie und Feminismus. Die wegweisenden historischen und ethnografischen Texte der US-amerikanischen Technik- und Wissenschaftssoziologin liegen mit diesem Band erstmals gesammelt auf Deutsch vor. Ihre Arbeiten zu Grenzobjekten, Marginalität, Arbeit, Infrastrukturen und Praxisgemeinschaften werden interdisziplinär kommentiert und auf ihre medienwissenschaftliche Produktivität hin befragt.

Mit Kommentaren von Geoffrey C. Bowker, Cora Bender, Ulrike Bergermann, Monika Dommann, Christine Hanke, Bernhard Nett, Jörg Potthast, Gabriele Schabacher, Cornelius Schubert, Erhard Schüttpelz und Jörg Strübing.

„Grenzobjekte und Medienforschung“ ist im Open Access verfügbar.

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Workarounds – Praktiken des Umwegs

Die vierte Ausgabe von ilinx widmet sich den Praktiken und Kulturtechniken zielführender Umwege. Unter „Workarounds“ verstehen wir temporäre Lösungen eines Problems und Improvisationen, mit deren Hilfe nicht nur Fehler in technischen Systemen korrigiert werden, sondern im weiteren Sinne der soziale Alltag bewältigt wird – angesprochen sind die Ausnahmen von der Regel, die das Gelingen erst ermöglichen. Workarounds umgehen auf räumlicher, zeitlicher und auch institutioneller Ebene die formalisierten und regelgeleiteten Abläufe, sie zeigen neue politische, soziale und ästhetische Wege auf. Indem man auftretenden Schwierigkeiten ausweicht und überraschende Verbindungen schafft, eröffnen sich Handlungsoptionen, während man etwas tut.

 

Cover ilinx4 Workarounds

ilinx – Berliner Beiträge zur Kulturwissenschaft. Nr. 4 : Workarounds
Herausgegeben von Holger Brohm, Sebastian Gießmann, Gabriele Schabacher und Sandra Schramke

Das gesamte Heft ist auf dem EDOC-Server der Humboldt-Universität einsehbar:
http://dx.doi.org/10.18452/18686

Inhaltsverzeichnis und Editorial [PDF]

Gabriele Schabacher, Im Zwischenraum der Lösungen. Reparaturarbeit und Workarounds [xiii]

Florian Hoof, “Speed Metal” – Medien industrieller Produktion und tayloristische Arbeitsorganisation [3]

Kathrin Fehringer, Workaround am eigenen Leib: Prothetik bei Otto Dix und in der französischen Gegenwartsliteratur [23]

David Keller, “A direct Pipeline to the Soul”. Zur Geschichte von Tricks und Täuschungen als epistemisch motivierte Umwege in der sozialpsychologischen Forschung [41]

Nikolaus Lehner, Empfehlungssysteme: Begehrlichkeiten auf Umwegen [57]

Claudy Op den Kamp, Circumvention and the Film Archive: Found Footage, Legal Provenance and the Aesthetics of Access [79]

Ronja Trischler, Trial and Error. Zusammenarbeit im Irrgarten digitaler Bildbearbeitung [93]

Tom Ullrich, Um das „Qualitätskino“ herumarbeiten. Über Umwege und Workarounds des jungen Jean-Luc Godard [117]

Petra Löffler, Zick-Zack. Bruno Latours Umwege [137]

Maren Mayer-Schwieger, Umwege auf See. Zur Pflanzenverschiffung Ende des 18. Jahrhunderts [145]

Fabian Goppelsröder, Aus-/Setzen. Zur Bewegungslogik des Zauderns [157]

Marcus Termeer, Le Parkour: Effektive (Um-)Wege in postfordistischen Stadtlandschaften [165]

N.N., Die gerissene Hutschnur. Bürokratie und Workarounds [173]

Sandra Schramke, Umwege der Ästhetik. Die Architektur von Wang Shu und Lu Wenyu [183]

Susan Leigh Star / Geoffrey C. Bowker, Warum Klassifikationen zählen [193]

Sebastian Gießmann, Klassifizieren und Improvisieren. Ein Kommentar zu Geoffrey C. Bowker und Susan Leigh Star [205]

gedenken, Annette Bitsch (1969–2016) [224]